Anthroposophische Kultur in Peru

Heilpädagogik

Colegio San Cristoferus

Die Heilpädagogische Schule San Christoferus liegt im Süd-Westen von Lima im Bezirk Chorillos, nahe der Pazifikküste. Macht man sich auf den Weg die Schule zu besuchen, so bekommt man eine Ahnung davon, wie groß Lima ist. Zunächst fährt man lange bergab Richtung Meer. Dann nach Süden. Die Avenida los Faisanes ist eine lange "Allee". Rechts und links von Mauern gesäumt, hinter deren Toren sich wohl oft Gewerbebetriebe verbergen. Hinter einem dieser Tore befindet sich San Cristoferus. Hat man die Adresse gefunden, so öffnet sich das Tor in ein sorgfältig gepflegtes Gartengelände mit verschiedenen Gebäuden.

San Cristoferus wurde 1989 gegründet und umfasst Kindergarten und Schule, die von etwa 30 Schülern besucht werden. Die Schüler kommen täglich aus einem großen Umkreis in Lima. Es ist eine Gärtnerei, eine Bäckerei und eine Holzwerkstatt vorhanden. Gemüse und Backwaren werden in einem kleinen Umkreis von Menschen regelmäßig verteilt, so dass die Produkte von Cristoferus ständig einen Umkreis von Menschen im lebendigen Zusammenhang halten. Die Spielzeuge aus der Holzwerkstatt dürfen auf keinem Waldorfbasar in Lima fehlen.

Eine grüne Oase im Betondschungel Limas

Fernando Zamora, ehemaliger Mitarbeiter der Schule, schreibt in der Zeitschrift Punkt und Kreis (Ostern 2008) über die Schule:

Da San Christoferus in einem armen Viertel liegt und die meisten Schüler aus den angrenzenden armen Gebieten kommen, und San Christoferus keinerlei staatliche Unterstützung bekommt, geht es der Schule, finanziell, wie den armen Familien: Die Schule muss ums Überleben kämpfen. Wie bei allen Pionierarbeiten waren die ersten Jahre nicht einfach und die Schule musste verschiedene interne und externe Probleme überwinden. Die chaotische Situation des Landes und die korrupten Regierungen sind lähmend für den Enthusiasmus und die Willenskraft vieler Menschen in Peru.
Lima, eine 10-Millionen-Stadt, liegt am Meer und in einem Wüstengebiet, so wie die ganze Küste Perus. Der Boden ist feinsandig. Etwas anzubauen ist sehr schwierig. Die Stadt wächst ohne jegliche Planung ständig rasant weiter. Lima ist ein Dschungel aus Beton, wo das Hupen von Autos ein sehr benutztes Kommunikationsmittel geworden ist. Die Umweltverschmutzung ist erschreckend hoch. Es gibt, für die große Zahl Einwohner, nur sehr wenige grüne Flächen, oder je nach Zone, gar keine grüne Fläche. Es herrscht Wassermangel und das Abwasser geht, ohne jegliche Behandlung, direkt ins Meer. Eine Umgebung mit Natur ist für sehr viele Leute in Lima etwas, was man nur im Fernseher sieht. Und gerade die ser, der Fernseher und nicht Natur, kann man überall in Lima finden. Viele arme Leute kaufen sich lieber einen Fernseher, anstatt ein anständiges WC zu Hause zu installieren. Nicht zuletzt kommt die ganze Amerikanisierung des Lebensstils: McDonalds hat die Stadt erobert.
Wie sieht die Erziehung aus? Wenn man viele Kindergärten und Primarschulen besucht (nicht nur die staatlichen) wird man feststellen, dass die Pädagogik aus »Auswendiglernen« von Lerninhalten besteht Höchstens wird man vielleicht zwei Sandkästen und ein wenig Gras auf dem Pausenhof finden, doch Unmengen von Rechenspielen und Buchstabenpuzzles für die 1 bis 2 Jährigen. Und wenn die finanzielle Lage der Schule das ermöglicht, werden auch Fernseher und Computer gekauft. Der Kontakt zu Natur, Erfahrungen als Grundlage kindlichen Handelns und jeglichen Lernens scheinen nicht im Bewusstsein zu sein. Zu Hause sieht es leider nicht anders aus. Es wird geglaubt (vor allem in den armen Familien), dass eine »intellektuelle« Schulung schon «im frühen Alter« eine Chance ist, dem Elend zu entgehen.
Für uns Lehrer u. Heilpädagogen von Colegio San Christoferus wurde die Aufgabe klar: Unsere Schule musste all das anbieten, was die Menschen durch das Leben in der Stadt nicht mehr sehen oder erfahren. Nach 18 Jahren harter Arbeit hat sich das Aussehen der Schule allmählich geändert. Aus einer sandigen Fläche mit zwei Schulgebäuden ist eine Einrichtung geworden, die ihren SchülerInnen eine natürliche Umgebung mitten in der grauen Stadt anbieten will. Dafür gab es in den letzten Jahren Projekte, die uns in dieser Richtung weiter halfen:
  • Für den Wassermangel ließen wir eine Pflanzenkläranlage bauen, die das Wasser reinigt und der Schule die Möglichkeit gibt, weitere Flächen zu bewässern.
  • Die Schule hat einen schönen Biogarten, wo die Schüler der verschiedenen Klassen stundenweise oder tageweise arbeiten können.
  • Auf dem Pausenhof ist ein Außengelände mit Erfahrungsfeldern nach Hugo Kükelhaus im Aufbau. Der Spielplatz, der sinnliche Erfahrungen ermöglicht, soll zugleich therapeutisch genutzt werden.

Die Schule erhält keinerlei staatliche Unterstützung; die Familien, deren Kinder die Schule besuchen, haben oft selber wenig Geld. So ist die Finanzierung der Schule eine ständige Herausforderung und der Gehaltsverzicht der Mitarbeiter schon eine Selbstverständlichkeit. Praktikanten aus Europa sind übrigens eine gerne gesehene Hilfe bei den vielfältigen Aufgaben, die in solch einer Einrichtung zu erledigen sind.

e-Mail: Colegio San Cristoferus

Adresse:   

Internet:
Internetseiten der Schule

Literatur:
Zamora, Fernando: Heilendes in einem Land der Gegensätze.
Berichtsheft der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners, Berlin 2004, S. 16/17

Villafana, Carmela: Achten auf die Stillen, Heilpädagogische Arbeit in Peru.
Das Goetheanum, Dornach 1999 p10 58 N

Hippenmeyer Zingg, Iris: Anthroposophische Arbeit in Lateinamerika. Heilpädagogisches Seminar in Lima, Peru.
Das Goetheanum, Dornach 1998 p12 88 N

Zamora, Fernando: Das Colegio San Christoferus - Eine grüne Oase im Betondschungel Limas
Punkt und Kreis, Ostern 2008 S. 31

Zamora, Fernando: Grüne Oase in Lima. Anthroposophie Weltweit, Dornach 6/2008

Internet:
Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie in der Medizinischen Sektion am Goetheanum.

Aktualisiert: Mai 2012